Bauliche Schadstoffsanierungen
In den vergangenen Jahrzehnten wurden neben Asbest immer wieder problematische Baustoffe eingesetzt, deren gesundheitliche Relevanz sich oft erst später zeigten wie z.B. Künstliche Mineralfasern, teerhaltige Parkettkleber, PCB oder Lindan in Holz. Daneben gibt es noch biologische Belastungen wie Schimmel oder Taubenkot.
Im ungünstigen Fall führen sie zu akuten oder schleichenden gesundheitlichen Problemen.
Bei Abbruch- und Sanierungsarbeiten ohne qualifizierte Vorerkundung (die eigentlich in der BGR 128, Abs. 8, vorgeschrieben ist, siehe weiter unten), können Bauschadstoffe auftauchen und zu Gesundheits- und Umweltgefährdungen sowie zu Nachträgen und Mehrkosten führen.
KMF (künstliche Mineralfasern)
ist der Oberbegriff für künstliche Mineralfasern, die als Glas-, Stein- oder Keramikwolle zu Isolationszwecken verbaut wurde.
Stäube der Mineralwolle werden als möglicherweise krebserregend eingestuft.
Die gesundheitliche und arbeitsschutzrechtliche Bewertung von künstlichen Mineralfasern ist in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS 521) und in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) geregelt.
Biopersistente Fasern (Fasern mit geringer Biolöslichkeit) - darunter fallen Glas- oder Steinwollen, die vor 1995 hergestellt oder bis zum 1. Juni 2000 (Herstellungs-, Inverkehrbringungs- und Verwendungsverbot in Deutschland) verbaut wurden, dürfen nach GefStoffV nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
Mineralwollhaltige Baustoffe sind z. B.
- Akustikauflagen auf abgehängten Decken
- Isolierung in Trockenbauwänden und unter Fassaden
- Mineralwollhaltige Deckenplatten in abgehängten Systemdecken
- Isolierungen an Heizungs- und Wasserrohren
Vor Sanierungs- oder Abbrucharbeiten in größerem Umfang (siehe TRGS 521) ist daher stets zu prüfen, wie alt das eingebaute Material ist.
Im Sinne dieser TRGS sind alte Mineralwollen biopersistente künstliche Mineralfasern nach Anhang IV Nr. 22 der Gefahrstoffverordnung. Nach der
TRGS 905 „Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährden-dere Stoffe“ sind die aus alter Mineralwolle freigesetzten Faserstäube als krebserzeugend zu bewerten.
Für alte Mineralwollen gilt seit Juni 2000 das Herstellungs- und Verwendungsverbot nach Anhang IV Nr. 22 Gefahrstoffverordnung. Bei Mineralwolle die vor 1996 eingebaute wurde, ist davon auszugehen, dass es sich um alte Mineralwolle im Sinne dieser TRGS handelt.
Alte Mineralwollprodukte sind in vielen Gebäuden verbaut worden und müssen nun durch Firmen, die Sachkunde nach TRGS 521 vorweisen können, unter Arbeitsschutz von geschultem und untersuchtem Fachpersonal ausgebaut und entsorgt werden.
Fotoserie Mineralwollsanierung
PAK (Polzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
Die Abkürzung „PAK“ steht für „Polzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe“ und bezeichnet eine Stoffgruppe mit mehreren Hundert Einzelverbindungen, deren Molekülgerüst aus mindestens drei miteinander verbundenen Benzolringen besteht. Der bekannteste Inhaltsstoff der PAK ist „Benzo-(a)-pyren“, ein krebserzeugender Bestandteil des Steinkohlenteers.
Dass PAK krebserregend ist, wurde bereits vor mehr als 200 Jahren beobachtet Londoner Kaminfeger, die Mitte des 18. Jahrhunderts mit stark PAK-haltigen Verbrennungsrückständen der Steinkohle in Kontakt kamen, erkrankten auffallend oft an Hauttumoren.
Heute gilt es als bewiesen, dass PAK-haltige Ruß- und Teerölgemische Krebs beim Menschen erzeugen können und fruchtschädigend, erbgutverändernd und fortpflanzungsschädigend sind.
Da die PAK gut fettlöslich sind kann die Aufnahme über die Haut erfolgen, und zwar dann, wenn sie Kontakt mit größeren Mengen hat, etwa beim Arbeiten mit einem entsprechend hoch belasteten Baumaterial.
Nach der Wanderung über die Hautoberfläche durch die dermalen Fettschichten gelangen die PAK in tieferes Körpergewebe, wo sie ihr gesundheitsschädliches Potenzial fast immer erst bei der Umwandlung im Körper entfalten.
PAK-haltige Baustoffe sind z.B.
- Fußbodenbeläge aus Asphaltplatten oder Gußasphalt
- teer- und pechhaltigen Klebstoffe wie z. B. Kleber für Parkett bis Ende der 60er Jahre;
bekannt wurde das Problem durch die hoch belasteten Wohnungen in den Kasernengebäuden der ehemaligen Alliierten - bituminierten Dach- und Dichtungsbahnen (die noch aus Steinkohleteer hergestellt wurden)
- Teeröle als Holzschutzmittel (Carbolineum vor 1991)
Arbeiten mit diesem Material werden in der BGR 128 (Arbeiten in kontaminierten Bereichen) klar geregelt und müssen unter Arbeitsschutz von geschultem und untersuchtem Fachpersonal ausgebaut und entsorgt werden.
NEU!
Achtung Gesetzesänderung seit 02.02.2016: Umfangreiche Fräs- und Schleifarbeiten müssen ab sofort mit
3-Kammer-Schleusensystem und mit Gebläse-Vollmaske ausgeführt werden. Siehe TRGS 551
PCB (Polychlorierte Biphenyle)
Die Abkürzung „PCB“ steht für »Polychlorierte Biphenyle«, dabei handelt es sich um komplexe Stoffgemische, die bis zum ihrem Verbot 1989 in vielen bauchemischen Produkten in großem Umfang in bewohnten Gebäuden eingesetzt wurden.
PCBs stehen im Verdacht, krebzerzeugend zu sein, lagern sich im menschlichen Fettgewebe, der Leber und im Knochenmark ab, sind fruchtschädigend und können die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen. Haarausfall, Chlorakne, Leberschäden und Hautreizungen sind Beispiele für die akute Toxizität von PCB-haltigen Materialien.
Da PCBs flüchtig sind, diffundieren sie aus den ursprünglichen Baustoffen wie Fugenmassen, Beschichtungen und Brandschutzanstrichen. (Primärquellen) aus und reichern sich im Laufe der Jahre in den oberflächennahen Bereichen über die Raumluft an.
Man spricht dabei von Sekundärbelastung bzw. Sekundärquellen wie Wände, Decken, Fußbodenbeläge.
PCB-haltige Baustoffe sind z. B.
- Fugenmassen an Fenstern oder Betonfertigteilen an Fassaden
- Brandschutzanstriche
- Brandschutzbeschichtungen an Akustikdeckenplatten, sog „Wilhelmi-Platten“
- Öle in alten Transformatoren
Arbeiten mit diesem Material werden in der „PCB-Richtlinie“ klar geregelt und müssen unter Arbeitsschutz von geschultem und untersuchtem Fachpersonal ausgebaut und entsorgt werden.
PCP (Pentachlorphenol)
Die Abkürzung „PCP“ steht für » Pentachlorphenol «, dabei handelt es sich um einen Zusatz zu Holzschutzmitteln, der bis zum Verbot 1989 als Pilzbekämpfungsmittel (Lindan) eingesetzt wurde.
PCBs sind hochgiftig, krebserzeugend, erbgutverändernd, fruchtschädigend, reichern sich im Fettgewebe an, schädigen das zentrale und periphere Nervensystem und die Leber, schwächen das Immunsystem und sind hautresorptiv.
PCP-haltige Baustoffe sind z. B.
- Behandelte Hölzer in Dachstühlen
- Imprägnierung von Furnierholz
- Eisenbahnschwellen, Telegraphenmasten und Zaunpfähle
Arbeiten mit diesem Material werden in der BGR 128 (Arbeiten in kontaminierten Bereichen) klar geregelt und müssen unter Arbeitsschutz von geschultem und untersuchtem Fachpersonal ausgebaut und entsorgt werden.
Schimmelschaden
Bei Schimmelbelastungen handelt es sich um einen staub- oder mehlartigen, meist weißen oder bläulichen bis grünlichen Überzug auf organischen Materialien, hervorgerufen durch bestimmte Strahlen- oder Schimmelpilze.
Hohe Konzentrationen können toxische Wirkung haben.
Typische Erkrankungen als körperlichen Reaktionen auf Schimmelpilzbelastung sind Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege, Atemnot und Husten, Fieber, Reizerscheinungen der Augen, erhöhte Infektanfälligkeit, chronischer Erschöpfungszustand, Konzentrationsstörungen sowie Magen-Darm-Beschwerden. Arbeiten in schimmelkontaminierten Bereichen sind in der „BioStoffV“ klar geregelt und müssen unter Arbeitsschutz von geschultem und untersuchtem Fachpersonal ausgebaut und entsorgt werden.
Detailfotos von Schimmelschäden / Hausschwämmen
Taubenkot
Das Problem von Bausubstanz, die massiv mit Taubenkot kontaminiert ist, wird immer noch stark unterschätzt. Häufig werden die Taubenkotmassen durch Schaufeln und Fegen oder durch Einsatz von Hochdruckreinigern entfernt.
Das Entstehen von Staub- oder Flüssigkeitsaerosolen (Nebel) ist dabei nicht zu vermeiden. Vor allem bei der mechanischen Bewegung des trockenen Taubenkots kommt es im erheblichem Ausmaß zur Aufwirbelung von Staub. Bei derartigen Tätigkeiten muss prinzipiell mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung des Menschen durch Inhalation von Staub und Bioaerosolen gerechnet werden
Dieser Staub stellt eine sehr gefährliche Mischung aus Bakterien dar.
Die Erreger werden inhaliert und können die Lunge befallen.
Nach 1–3 Wochen entsteht eine Lungenentzündung mit Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Husten. Eine Infektion mit Chlamydophila psittaci kann einerseits mit der Symptomatik einer Erkältung oder nahezu ohne, Symptome andererseits jedoch auch tödlich verlaufen.
Auch werden grössere Ablagerungen von Taubenmilben und Taubenzecken bevölkert.
Sanierungs- und Reinigungsarbeiten in stark kontaminierten Bereichen sind wie bauliche Schadstoffsanierungen unter persönlichem Vollschutz, Einhausungen und entsprechender Belüftung und Luftfilterung durchzuführen.
Die „Handlungsanleitung Taubenkot“ der TiefbauBG gilt als gesetzliche Grundlage für die Ausführung der Arbeiten, die nur von geschultem und untersuchtem Personal durchgeführt werden darf.